Zwei menschliche Schicksale, die fast 80 Jahre auseinanderliegen, verbunden durch ein Thema: Krieg. Die fünfjährige Sieglinde, eine Deutsche, die nach dem II. Weltkrieg ihre Heimat verlassen musste, und der zehnjährige Vanja, ein Ukrainer, der von einem Tag auf den anderen mit seinen Eltern aus dem kriegsgebeutelten Land fliehen musste. Martin Weiser zieht uns in diese starken Geschichten hinein, die er sehr nüchtern und sachlich erzählt. Parallel verfolgen wir die Gefühle und Schwierigkeiten der beiden Protagonisten, deren Lebenswege sich aufgrund des Zusammenspiels von Zufällen, aber vor allem auch aufgrund von menschlicher Verständigung und Mitgefühl kreuzen. Dank der sensiblen Erzählweise dürfen wir sie auf ihrem Weg beim Finden einer neuen Heimat begleiten.
Für meine Generation, besonders diejenige meiner Eltern oder Großeltern, stellte Deutschland ein großes Problem dar, es war ein großer Gegner, eine große Gefahr. Jetzt ist es eine Möglichkeit, Sudetendeutsche aus einer ganz anderen Optik zu zeigen. Als Menschen, denen die Heimat, ihr Tschechien fehlt, aber die infolge dieses traumatischen Erlebnisses anderen helfen können. Und ich finde wunderbar, wie es sich in der Geschichte verbindet, dass dies genau der Grund war, warum Vaňas Familie in München leben kann, in der Wohnung der vertriebenen Sudetendeutschen. Weil Sieglinde ganz genau weiß, wie es ist, sich in einem Land als Ausländer zu fühlen.
Jan Brož
Wie schwer es ist in einem fremden Land Wurzeln zu schlagen
Schicksale von Menschen zu beschreiben, deren Leben vom Krieg durcheinandergewirbelt wird, ist höchst anspruchsvoll. Dies gilt umso mehr, wenn der Autor mit der Aufgabe konfrontiert ist, Schicksale zu verbinden, die Generationen weit auseinander liegen, und wenn die Wurzeln der historischen Umbrüche, die sie betroffen haben, nicht unbedingt die gleichen sind. In seiner Reportage „Wie schwer es ist in einem fremden Land Wurzeln zu schlagen“ [ Jak je těžké zapustit kořeny v cizí zemi] ist Martin Weiser genau das gelungen. Und zwar deshalb, weil er eine Falle vermieden hat: Den Vergleich unterschiedlicher historischer Geschehnisse im Rahmen eines einzelnen Beitrags zu einer Monats-Zeitschrift, in diesem Falle des Magazins Reportér. Es ist ihm deshalb gelungen, weil er getan hat, was in solchen Fällen das Verlässlichste und aus journalistischer Sicht letztendlich auch das Effektivste ist: Er hat sich auf die konkreten Schicksale konkreter Menschen konzentriert.
Adam Černý
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