Heidi Wolf: Die Brückenbauerin

Der Sonderpreis für langjährige herausragende journalistische Tätigkeit geht im Jahr 2020 an Heidi Wolf. Die aus der bayerisch-böhmischen Grenzregion stammende Journalistin hat sich ihr Leben lang dafür eingesetzt, dass Menschen von beiden Seiten der Grenze sich besser kennenlernen können – und der Eiserne Vorhang damit nicht nur politisch und auf dem Papier fällt, sondern auch im Denken und Wahrnehmen der in der Grenzregion lebenden Menschen.

Ich bin Journalistin mit Leib und Seele und ich wollte erleben, wie geht es den Menschen dort, was haben sie für Befindlichkeiten, wie schaut’s dort aus. Das war ja alles ganz anders als bei uns. Ich war einfach neugierig, ganz gierig, alles Mögliche breit zu erfahren. Und nicht nur die schönen Seiten zu schildern, sondern einfach das Leben, wie es wirklich ist.

Heidi Wolf

Nur wenige können Brücken zwischen den Welten so glaubwürdig bauen wie Heidi Wolf. Für den Bayerischen Rundfunk hat sie insgesamt an die 700 Reportagen und Beiträge zum Thema deutsch-tschechische Nachbarschaft verfasst. In ihren Reportagen widmet sie sich mit außergewöhnlicher Empathie den Menschen auf beiden Seiten der Grenze – ihren alltäglichen Freuden und Nöten, ihren Sitten und Traditionen, ihren Träumen.

Lída Rakušanová

Heidi Wolf

Auf beiden Seiten der deutsch-tschechischen Grenze gibt es etliche Lokaljournalisten, denen es nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erfolgreich gelungen ist, das brachliegende Feld der deutsch-tschechischen Beziehungen zu bestellen. Sie alle verdienen unsere Anerkennung und Bewunderung.

Nur wenige hinterlassen jedoch so markante Spuren wie Heidi Wolf, Redakteurin und Reporterin des Bayerischen Rundfunks für die Region Bayerischer Wald, aber auch Initiatorin und Vermittlerin einer Reihe von grenzübergreifenden Kontakten und Projekten im Bereich Kultur und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auch gefragte Moderatorin auf deutsch-tschechischen Diskussionspodien.

Heidi Wolf kennt die bayerisch-böhmische Grenzregion sehr genau. Von ihrem Geburtsort Arnschwang bis zum Grenzübergang Folmava sind es nur reichlich zehn Kilometer. In ihrer Kindheit und Jugend war dort jedoch die Welt zu Ende. Die Menschen in ihrer Umgebung lebten mit dem Rücken zum Eisernen Vorhang, und den Kindern schärfte man ein, dass sie sich ja nicht der stacheldrahtbewehrten Grenze zur Tschechoslowakei nähern sollten, denn da drohe Lebensgefahr.

Für die junge Adeptin des Journalismus war diese „Terra incognita“ eine Herausforderung. Schon in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, noch als Studentin, und später als Redakteurin der Regionalpresse, versuchte sie, auf der tschechischen Seite Kontakte zu knüpfen und den bayerischen Lesern zu zeigen, dass ihre Nachbarn hinter dem Eisernen Vorhang keine Schreckgespenster sind, sondern Menschen aus Fleisch und Blut. Sie versuchte es über Kunst und Kultur, war Ko-Organisation künstlerischer Veranstaltungen, bot dem Publikum Gelegenheit zu einem authentischen Blick auf die andere Seite der Grenze.

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde die bayerisch-böhmisch Grenzregion für Heidi Wolf, damals schon Redakteurin beim Bayerischen Rundfunk, Herzenssache. Sie hat insgesamt an die 700 Reportagen und Beiträge zu diesem Thema verfasst. Als Reporterin aus Ostbayern war sie mit ihrem Mikrofon bei der Öffnung jedes Grenzübergangs, bei jeder offiziellen Veranstaltung und jedem Jubiläum dabei. In den meisten ihrer Reportagen widmete sie sich jedoch mit außergewöhnlicher Empathie den Menschen auf beiden Seiten der Grenze: ihren alltäglichen Freuden und Nöten, ihren Sitten und Traditionen, ihren Träumen.

Unvergesslich sind auch ihre literaturgeschichtlichen Rundfunkreisen durch den Böhmerwald, in denen die Grenzen zwischen Böhmerwald, Bayerischem Wald und der oberösterreichischen Region Mühlviertel an der Grenze zu Südböhmen zu Verbindungslinien eines faszinierenden Ganzen werden. Nur wenige können so glaubwürdig Brücken zwischen den Welten bauen wie Heidi Wolf.

Lída Rakušanová (Laudatio)

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Heidi Wolf

Für die passionierte Journalistin Heidi Wolf ergab sich durch die Öffnung der Grenzen 1989 die Möglichkeit, hunderte interessanter Geschichten zu entdecken. Bis dahin waren sie verborgen geblieben auf der tschechischen Seite der Grenze, nur einige Kilometer von ihrer Heimat im Bayerischen Wald entfernt. Im Rahmen Ihrer Tätigkeit bemühte sie sich stets darum, das gegenseitige Verständnis in den Mittelpunkt zu stellen und einen Beitrag zur Verbesserung der nachbarschaftlichen Beziehungen zu leisten.