PRESSEMITTEILUNG
Leipzig, 01.11.2019 – Im UT Connewitz Leipzig wurden am Freitagabend durch den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds sowie die Journalistenverbände in Deutschland (DJV) und Tschechien (Syndikát novinářů) acht Beiträge heraus-ragender Journalistinnen und Journalisten ausgezeichnet. Vor über 200 Gästen, darunter der ehem. tschechische Außenminister Karel Scharzenberg und Roland Jahn, Bundesbeauftragter für Stasi-Unterlagen, wurden die Preisträgerinnen und Preisträger für eine klischeefreie und differenzierte Wahrnehmung des jeweiligen Nachbarlandes geehrt, die ein besseres Verständnis zwischen Deutschen und Tschechen fördert. In den Kategorien Text, Audio und Multimedia gingen die Preise an: Oliver Hach (Freie Presse Chemnitz), Adéla Tallisová Dražanová (Reportér magazín), Jacqueline Hene (MDR Sachsen), Petr Dudek/ Jan Pokorný/ Petr Pospíšil/ Ondřej Suchan/ Martin Veselovský (Český rozhlas, Radiožurnál), Dennis Wagner (ARD) und Jiří Fiedor (Česká televize (ČT2). Den Sonderpreis „Milena Jesenská“ erhielt Kirill Ščeblykin (Deník N) für einen aktuellen Beitrag, der sich der Zivilcourage, Verständigung und Toleranz widmet. Die insgesamt sieben Preise sind mit je 2.000 Euro dotiert. Eine Sonderauszeichnung wurde darüber hinaus als Ehrenpreis für langfristige herausragende journalistische Tätigkeiten an Alena Wagnerová verliehen.
Die Preisträgerinnen und Preisträger
Kategorie Text
In der Kategorie Text wurde Oliver Hach für sein Dossier ausgezeichnet „Vor 50 Jahren starb die Freiheit in der Tschechoslowakei – Das Ende des Prager Frühlings“, Freie Presse Chemnitz, 17.8.2018. Die Jury ehrt seinen umfassenden Rückblick auf die Ereignisse des „Prager Frühlings“ aus der Perspektive der ehemali-gen DDR. Eindrucksvoll zeige er, dass die Niederschlagung der tschechoslowakischen Reformbewegung keine fremde, sondern Teil der eigenen ostdeutschen Geschichte ist. Die Spuren, die sie hinterlassen hat, sind der rote Faden, der sich durch die acht-seitige Beilage zieht. „Oliver Hach zeigt eine profunde Kenntnis des tschechischen Nachbarn und versteht sich aufs Schreiben. Jeder einzelne Beitrag wie auch das Gesamtprodukt dieser Beilage sind überzeugend“, unterstrich Jurymitglied Daniel Brössler, Süddeutsche Zeitung.
Aus Tschechien erhielt Adéla Tallisová Dražanová den Preis für die Reportage „Jak to prasklo v Lipsku“ („Wie es in Leipzig begann“), Reportér magazín, 15.10.2018. Adéla Tallisová Dražanovás Beitrag steche durch eine beeindruckende Recherche und große Anschaulichkeit hervor. Die Ereignisse und die Atmosphäre in Leipzig vor 30 Jahren werden dem tschechischen Publikum in neuem Licht nahegebracht, so die Jury. Eine besondere Stärke liege darin, dass die Autorin die Spannung der Zeit treffend vermittelt und die Protagonisten dabei eindrücklich porträtiert, lobte Jury-mitglied Adam Černý, Tschechischer Journalistenverband.
Kategorie Audio
In der Kategorie Audio wurde Jacqueline Hene für „Versunkene Stadt“, MDR Sachsen, 16.7.2018, geehrt. Der Autorin sei es gelungen, Geschichte im deutsch-tschechischen Grenzgebiet anhand einer gemeinsamen Jugendaktion atmosphärisch vorzustellen und für eine breite Hörerschaft aufzuarbeiten: „Ihr Beitrag zeichnet sich durch große inhaltliche Dichte und sprachliche Stringenz aus. Eine Jugendaktion verfolgt das Ziel, zweisprachige Tafeln zu drucken und im Grenzgebiet rund um die Preßnitztalsperre aufzustellen, damit auf die überflutete Stadt Preßnitz, deren Geschichte und Menschen auf beiden Seiten der Grenze aufmerksam zu machen. Innerhalb von nur dreieinhalb Minuten lässt uns die Autorin sowohl am aktuellen Projekt als auch einem fünf Jahrhunderte umfassenden Geschichtsabriss teilhaben“, hob Jurymitglied Bogna Koreng, MDR, Sorbische Redaktion, hervor.
Aus Tschechien wurden Petr Dudek, Jan Pokorný, Petr Pospíšil, Ondřej Suchan, Martin Veselovský für das Hörfunkprojekt „Studio 39“, Český rozhlas, Radiožurnál, 15.3.2019, ausgezeichnet. Ihnen gelang eine siebenstündige einzigartige Verknüpfung von lebendiger Rekonstruktion mit zeitgenössischen Einspielungen und Gesprächen mit Historikern. Gesendet wurde aus der Eingangshalle des Prager Hauptbahnhofs. Anlass war der 80. Jahrestages des Einmarsches der Nationalsozialisten in die Tschechoslowakei am 15. März 1939: Radiožurnál-Reporter meldeten sich „live“ aus verschiedenen Regionen und berichteten „aktuell“ von der „Okkupation der Tschechos-lowakei“: „Studio 39 holt Geschichte in die Gegenwart und ist ein mutiger Formatbruch in einer populären Radiowelle“, betonte Jurymitglied František Černý.
Kategorie Multimedia
In der Kategorie Multimendia ging der Preis an Dennis Wagner für seinen Film „Ein empfindsamer Mensch – Roadmovie-Roman von Jáchym Topol“, ARD ttt, 24.3.2019. Sein Film, der Tschechien anhand des Lebens und Arbeitens des Schriftstellers Jáchym Topol vorstellt, ist ein aktueller Beitrag zum Gastlandauftritt bei der Leipziger Buchmesse 2019 und zeichne sich durch besondere Professionalität aus, so die Jury: „Dennis Wagner gelingt ein kunstvoll verschränkter Filmbeitrag und Psychogramm der heutigen, der gespaltenen Gesellschaft, mit einem präzisen Blick auf die Menschen. Ein Film über ein Buch, das von Europa und von Tschechien handelt. Anhand der Biografie seines Autors wird die Geschichte der letzten 40 Jahre in sechs Minuten filmisch höchst ansprechend aufgefächert“, so Jurymitglied Peter Lange, ARD-Hörfunkkorrespondent, Prag.
Von tschechischer Seite wurde Jiří Fiedor ausgezeichnet für seinen Dokumentar-filmzyklus „Česko-německé století“ („Das deutsch-tschechische Jahrhundert“), Česká televize (ČT2), 6.11.2018. Laut Jury werfen die Filme beeindruckende Schlaglichter auf die letzten 100 Jahre des deutsch-tschechischen Zusammenlebens und sind eine ausgewogene Präsentation unterschiedlicher Ansichten mit ausge-zeichneter Kameraführung. „Der mehrstündige Dokumentarfilmzyklus ermöglicht neben der Darstellung der historischen Meilensteine wie dem Münchner Abkommen und dem Fall der Berliner Mauer auch die ‚Zwischentöne‘ dieser Geschichte zu beschreiben, etwa die deutsch-tschechischen Beziehungen während der 40 Jahre des Kommunismus. Die Filme von Jiří Fiedor führen beide Seiten zueinander, verringern die Spannung, schleifen die harten Kanten des Hasses ein wenig weicher“, sagte Jurymitglied Vojtěch Berger.
Sonderpreis Milena Jesenská
Der Sonderpreis Milena Jesenská ging an Kirill Ščeblykin für „Příkopy, které se táhnou dodnes“ („Die Gräben bestehen bis heute – 100 Jahre Tschechos-lowakei“), Deník N, 24.10.2018. Ščeblykin analysiert, warum das Zusammenleben der Tschechen und Deutschen in einem Staat nicht funktionierte und wie das bilaterale Verhältnis heute aussieht. Lesenswert und unterhaltsam ziehe er einen Bogen von den späten 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts bis in die Gegenwart, heißt es in der Begründung der Jury. „Bei allen Problemen taucht in Ščeblykins Beitrag immer wieder die Bereitschaft auf, sich mit der Zeit und den Gegebenheiten zu arrangieren. Denn Gräben trennen einerseits, sie dienen aber auch dazu, Altes, Überflüssiges und Unnützes zu entsorgen, Vergangenes von beiden Seiten des Grabens zu sammeln und davonzutragen“, unterstrich Jurymitglied Michael Hiller, Deutscher Journalisten-Verband Sachsen.
Ehrenpreis für langjährige, herausragende journalistische Tätigkeit
Der Ehrenpreis für eine langjährige, herausragende journalistische Tätigkeit ging an Alena Wagnerová. Seit vielen Jahren befasst sie sich mit der Kultur und Geschichte Mitteleuropas und den deutsch-tschechischen Beziehungen: „Alena Wagnerova ist eine Archäologin unserer Gegenwart. Sie schreibt gegen das Vergessen an. Ihr Blick ist präzise, niemals ideologisch verstellt. Anhand von konkreten Schicksalen lässt sie die Vergangenheit lebendig, nachvollziehbar werden. Immer wieder kratzt sie an formelhaften Vorstellungen und Tabuthemen. Mutig beschreibt sie die andere Seite der oftmals üblichen Darstellung der Sudetendeutschen und blickt auf die Antifaschisten im sudetendeutschen Grenzgebiet“, betonte Jurymitglied Libuše Černá, Deutscher Journalisten-Verband Bremen.
Zur Verleihung des Deutsch-tschechischen Journalistenpreises 2019 sagten Tomáš Jelínek und Petra Ernstberger vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds: „Mit der Auszeichnung möchten wir eine Lanze brechen für Qualitätsjournalismus mit sensiblem und analytischem Blick. Dies besonders in Zeiten des anwachsenden Populismus und der Emotionalisierung in der öffentlichen Kommunikation. Vor allem die Medienberichterstattung ist Seismograph für die aktuelle Befindlichkeit des deutsch-tschechischen Dialogs und spielt eine Schlüsselrolle für unsere gegenseitige Wahrnehmung. Wichtig ist uns daher, dass auch die alltäglichen Belange beider Gesellschaften möglichst vielfältig abgebildet werden, nicht nur Krisen, Katastrophen und Jahrestage.“
PRESSEKONTAKT
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Pressebeauftragte „Deutsch-tschechischer Journalistenpreis“
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